Open Science – ein Traum für die Wissenschaftskommunikation

Offene Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation gehen oft Hand in Hand. Zum einen engagieren sich viele Wissenschaftskommunikatoren in diesem Bereich und sorgen mit ihrer Arbeit zumindest für Transparenz. Auf der anderen Seite nehmen immer mehr Wissenschaftlerinnen die Kommunikation ihrer Forschung selbst in die Hand.

Als Gegenstück zu meinem Interview mit Matthias Zimmermann für das Portal-Magazin der Uni Potsdam im Herbst 2018 frage ich ihn nun daher nach seiner Perspektive als Wissenschaftskommunikator auf das Thema.

Warum ist offene Wissenschaft für dich als Wissenschaftskommunikator interessant?

Weil in ihr, so das Ideal, das ich in ihr sehe, der Wert der wissenschaftlichen Arbeit im Zentrum steht. Und nicht nur die zu Wort kommen, die dafür die nötigen Ressourcen haben. Und weil ich in der Regel nicht nur die Ergebnisse sehe, sondern auch den Weg dorthin. Das Versprechen offener Wissenschaft ist ja, dass sie quasi „gläsern“ ist und ein Stück weit sich selbst erklärt. Für eine Kommunikation, die sich das Vertrauen der Öffentlichkeit erarbeiten muss, ein Traum!

Welche Chancen und Herausforderungen birgt offene Wissenschaft für deine Arbeit und für dich privat?

Beruflich bin ich ihr bislang eher selten begegnet, was wohl dafür spricht, dass sowohl die Wissenschaftsinstitutionen als auch ich einiges aufzuholen haben. Aber die Berührungspunkte häufen sich – und das finde ich spannend. Als Vermittler von Wissenschaft begegne ich ihr nun immer wieder und bin begeistert, wie (scheinbar!) selbstverständlich sie nun überall auftaucht. Es bleibt die Herausforderung, dass ich spüre: Ein alternatives Netzwerk zur Qualitätssicherung ist wichtig. Privat bin ich kein Wissenschaftler (mehr), sondern begeisterter Laie und Konsument wissenschaftlicher Forschung – egal welcher Couleur. Den qualifizierten Blick des Kommunikators kann ich dabei natürlich nie ganz ruhen lassen. Und freue mich, wenn ich Blüten offener Wissenschaft aufspüre.

Was hältst du davon, wenn immer mehr Wissenschaftler die eigene Forschung über Social Media und andere Kanäle kommunizieren? Wo bleibt dann noch etwas für dich zu tun? Und was kannst du auf jeden Fall besser?

Ich finde das grandios! So erfahre ich selbst oft zuerst von neuen Projekten, spannenden Veranstaltungen oder Forschenden, deren Arbeit oder auch nur Denken ich inspirierend finde. Außerdem können wir in der Pressestelle nicht für alle 2.000 Forschenden an der Uni Presse- und Öffentlichkeitsarbeit machen. Im Idealfall moderieren wir, helfen, den richtigen Ton zu finden. Viele können das schon, da trete ich gern ins Publikum zurück. Anderen verhelfen wir zu noch mehr Aufmerksamkeit. Ich denke, das ist eine Win-win-Situation. Was ich meist noch besser kann, ist einen Schritt zurücktreten und schauen: Was ist für den Laien wirklich interessant? Wissenschaftler wollen oft alles vermitteln, doch das überfordert viele maßlos und sie schrecken zurück. Es geht darum, neugierig zu machen. Wer mehr will, fragt nach. Und da ich selbst in den meisten Fachgebieten als Laie bezeichnet werden muss, bin ich Übersetzer und erster Leser zugleich – sorge also dafür, dass wirklich (fast) jeder auch versteht, wovon wir da berichten. Das fällt vielen schwer, die tagein, tagaus in „ihrer“ Fachsprache texten.

Welche Entwicklungen im Bereich der offenen Wissenschaft würdest du dir aus Sicht der Wissenschaftskommunikation wünschen?

Dass sie nicht nur Traum oder Praxis einzelner widerständiger Idealisten ist, sondern der Normalzustand. Ich glaube, dass die Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, sich nur in Gemeinschaft lösen lassen. Das gilt auch für viel beschworene Wissenschaftscommunity. Erst wenn es ihr gelingt, sich der Kapitalisierung zu widersetzen und ohne Zwangsverwertung „ihre Arbeit“ zu tun, wird offene Wissenschaft vollumfänglich möglich und kann ihr Potenzial entfalten. Hoffentlich rechtzeitig,

Bist du im Rahmen deiner Arbeit eher mit Wissenschaftlern in Kontakt die gern über Ihre Arbeit sprechen und diese transparent machen wollen oder sind Wissenschaftler (dir gegenüber) eher verschlossen?

Ganz klar Ersteres. Die Meisten haben längst begriffen, dass es ihrer Arbeit im Kern hilft, wenn sie auch einem breiteren, nichtwissenschaftlichen Publikum verständlich gemacht werden. Das steigert nicht nur ihr persönliches Renommee, sondern entspricht auch dem Wesen von Wissenschaft an sich: Sie will sich (mit)teilen, um daraus weiter zu wachsen, neue Diskurse anzustoßen und weiteres Wissen zu schaffen. Das geht nicht nur im Labor und auf Fachtagungen. Außerdem muss Wissen, das aus dem Fragen einer Gemeinschaft heraus entstand, auch wieder in diese zurückfließen. Denn nur dort kann es wiederum ganz anders, unerwartet befragt werden, um wieder Wissenschaft anzustoßen, die der Einzelne nicht initiieren kann. Das ist den Meisten bewusst, manchen sogar ein Bedürfnis.


Matthias Zimmermann ist Pressereferent an der Universität Potsdam und verantwortet das Forschungsmagazin „Portal Wissen“.

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